Rund 50 Vertreterinnen und Vertreter des Bielefelder Handwerks sind am Mittwochabend der Einladung der Kreishandwerkerschaft Gütersloh-Bielefeld ins HBZ Brackwede gefolgt. Unter dem Titel „Handwerk will’s wissen“ diskutierten sie engagiert mit den vier Bielefelder OB-Kandidaten Dr. Christiana Bauer (CDU), Ingo Nürnberger (SPD), Jasmin Wahl-Schwentker (FDP) und Dominic Hallau (Grüne). Die Moderation übernahm souverän Timo Fratz von Radio Bielefeld.
Bereits ab 16.30 Uhr kamen die Gäste bei lockerer Atmosphäre, Gegrilltem und musikalischer Untermalung durch Jay Minor miteinander ins Gespräch. Gegen 18 Uhr begann dann die gut 90-minütige Debatte, in der das Handwerk klare Positionen bezog.
Verkehrspolitik unter Druck
Besonders das Thema Verkehrspolitik sorgte für emotionale Beiträge aus dem Publikum. Baustellen, Rückbaupläne und neue Radwege würden in Bielefeld regelmäßig dazu führen, dass der Verkehr zum Erliegen komme – mit massiven Auswirkungen auf die Mobilität des Handwerks. „Wie viele Handwerker müssen eigentlich rund um den Kesselbrink demonstrieren, damit die Politik endlich dafür sorgt, dass wir schneller zum Kunden kommen? Wann bekommen wir unsere Handwerker-Lane?“, fragte Kreishandwerksmeister Frank Wulfmeyer eher rhetorisch und brachte damit den Unmut vieler Anwesenden mit der aktuellen Verkehrssituation zum Ausdruck.
Dr. Christiana Bauer betonte, dass es eine „ideologiefreie Verkehrspolitik“ braucht: „Wir sind gegen den Rückbau von Hauptverkehrsstraßen und für Serviceparkplätze für das Handwerk.“ Dominic Hallau sprach sich für eine Verkehrspolitik für alle Verkehrsteilnehmer aus, zeigt aber auch Verständnis für die Kritik an der bestehenden Verkehrspolitik: „Wir müssen besser organisieren, wie das Handwerk in der Stadt unterwegs ist – dass es nicht in den Baustellen hängt, dass es einen Parkplatz nah am Einsatzort findet. Dafür würde ich mich einsetzen.“
Alle Kandidaten für Kulturwandel in der Verwaltung
Ein eigenes Schlaglicht fiel auf die langwierigen und bürokratischen Verwaltungsprozesse. Ein Beispiel aus dem Publikum: Für den jährlich neu zu beantragenden Handwerker-Parkausweis müssen Betriebe in Bielefeld ein bis zu 16-seitiges Formular mit Fotos ihrer Fahrzeuge von allen vier Seiten einreichen. „Das geht auch einfacher“, betonte Kreishandwerksmeister Georg Effertz. „In Rheda-Wiedenbrück wird der Ausweis einfach automatisiert verlängert.“ Alle vier Kandidaten nahmen dieses Beispiel auf und sprachen sich für einen Kulturwandel in der Verwaltung aus.
„Wir sollten die Prozesse vom Kunden her denken“, forderte Dominic Hallau. „Die Verwaltung muss sich stärker als Ermöglicher und nicht als Verhinderer verstehen“, ergänzte Dr. Christiana Bauer. Auch Ingo Nürnberger betonte, dass pragmatische und digitale Lösungen für schnellere Entscheidungen dringend notwendig seien: „Häufig braucht das Handwerk schnelle Entscheidungen von uns, ob’s um Baugenehmigungen geht oder meinetwegen auch Parkplatz-Ausweise – da müssen wir einfach und unbürokratisch, digital und einfach noch bürgerfreundlicher werden.“
Wachstum braucht Raum
Beim Thema Gewerbeflächen wurden die politischen Unterschiede deutlich. Ingo Nürnberger (SPD) sprach sich für mehr und auch für kleinteilige Flächen für das Handwerk aus: „Wir wollen neue Gewerbegebiete schaffen und vorhandene Flächen weiterentwickeln – gerade für kleine und mittlere Handwerksbetriebe.“ Dominic Hallau (Grüne) verwies auf bereits erschlossene Flächen, die aufgrund der wirtschaftlichen Lage bislang nicht vermarktet werden konnten. Jasmin Wahl-Schwentker (FDP) kritisierte, dass in den letzten Jahren zu wenig Spielraum für neue Bauflächen geblieben sei: „Mit grüner Regierungsbeteiligung war das nicht möglich.“ Zugleich stellte sie infrage, wie Nürnberger nun neue Initiativen ankündigen könne, obwohl er selbst in verantwortlicher Position gewesen sei. Ingo Nürnberger verwahrte sich gegen persönliche Angriffe und verwies auf Fortschritte in den Bereichen, die er selbst zu verantworten hatte – etwa beim Ausbau der Kita-Infrastruktur.
Mehr Wohnungsbau nötig
Auch das Thema Wohnraum wurde diskutiert – nicht nur im Zusammenhang mit Fachkräftegewinnung. Ingo Nürnberger (SPD) verwies auf Fortschritte: „Was den Wohnungsbau angeht, sind in den vergangenen Jahren 4000 neue Wohnungen in Bielefeld entstanden. Das reicht noch nicht, ist aber auch nicht schlecht. Was die Schaffung geförderten Wohnraums betrifft, liegt Bielefeld landesweit sogar auf dem zweiten Platz.“ Jasmin Wahl-Schwentker (FDP) zeigte sich dagegen kritisch: „Die SPD ist weit hinter ihren eigenen Zielen zurückgeblieben. Das einzige, was hohe Mieten eindämmt, ist ein größeres Angebot.“ Dr. Christiana Bauer (CDU) stimmte ihr zu und sprach sich klar für die Ausweisung neuer Baugebiete aus – auch zur Entlastung des angespannten Marktes.
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